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HÖREN

Außenlager Gerätebau GmbH | B-Lager

Die Gebrüder Thiel GmbH, bekannt vor allem als Uhrenproduzent aus Ruhla, war in den 1920er Jahren ein wichtiger Lieferant der Reichswehr und wirkte an der deutschen Wiederaufrüstung mit. Ab März 1934 wurde im Mühlhäuser Stadtwald eine Zünderfabrik der Thiel Seebach GmbH errichtet. Der wachsende Arbeitskräftebedarf war in der Region nicht mehr zu decken. In einem ab 1938 neu errichteten Barackenlager mit wenigen Massivbauten am Waldrand wurden zunächst deutsche Arbeiterinnen untergebracht. Ab Frühjahr 1942 wurden Zwangsarbeiterinnen in sogenannten „Bereitschafts-Lager“ bzw. „B-Lager“ interniert. Im weiteren Kriegsverlauf fiel die Entscheidung, jüdische KZ-Häftlinge in der Zünderproduktion einzusetzen. Von September 1944 bis Februar 1945 wurden hunderte jüdische Frauen und Mädchen aus Osteuropa auf einem Teil des Geländes gefangen gehalten, das als Außenlager des KZ-Buchenwald organisiert war. Die Ausbeutung in Zwölf-Stunden-Schichten bei mangelhafter Ernährung unter unwürdigen Lebensbedingungen, der Willkür von Bewachern im Lager und Vorgesetzten in der Produktion ausgesetzt, ging vielfach über die Kräfte der jungen Frauen. Einige gingen daran zugrunde. Viele andere starben im KZ Bergen-Belsen, wohin die Häftlinge im Februar 1945 abtransportiert wurden, als die Front näherkam.

Das „B-Lager“ am Stadtwald wurde nach Kriegsende von der Roten Armee, danach von der NVA genutzt. Nach der Wende gab die Bundewehr den Standort auf. In den 1990er Jahren wurden auf dem Gelände Flüchtlinge untergebracht. 2008 erfolgte der Verkauf der Bundesimmobilie an einen privaten Eigentümer.

An diesen Ort des Leidens so vieler Frauen vor allem aus Osteuropa während des Zweiten Weltkriegs erinnert seit 2003 ein Denkmal hinter dem Weißen Haus auf dem Weg zwischen dem B-Lager und der nach Kriegsende gesprengten „Gerätebau“ im Stadtwald. Vertiefende Forschungen zum Zwangsarbeiterinnen- und KZ-Außenlager in den Jahren zwischen 2019 und 2022 haben unser Wissen um dieses dunkle Kapitel Mühlhäuser Vergangenheit vertieft und weit über eintausend Opfern Namen und Geschichte zurückgegeben. Auch diejenigen, die damals persönlich schuldig wurden, sind bekannt. Weitaus mehr Menschen haben geschwiegen – noch lange nach der Befreiung im April 1945.

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